Historischer Gasthof ist jetzt Wohnhaus

Steffen Seibel
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Deutschland, Sachsen, Kreischa. Nach gelungener Sanierung des ehemaligen Gasthofs 12 schicke Wohnungen entstanden. Unternehmer der Schloss Borthen GmbH arbeiten gegen den Abriss-Trend und zeigen, wie aus verfallenen historischen Gebäuden attraktiver Wohnraum entsteht.

Erbgericht, Grüner Baum, Deutsches Haus - zahlreich waren sie einst besonders auch in Sachsen vertreten und neben Adelssitzen, Kirchen oder Rathäusern die ortsprägenden Gebäude auf dem Land: Die Gasthöfe mit ihren teils sehr großen und oftmals reich verzierten Saalanbauten als Mittelpunkt des dörflichen Lebens. Doch seit die Zeit der Geselligkeit im großen Stil auf dem Land vorbei ist, wurde es still um die Trutzburgen. Es folgte Leerstand, Verfall und oft der Abriss als letzte Instanz. Allein in Sachsen wurden in den letzten Jahren mehr als zwei Dutzend solcher Gasthöfe abgetragen. Der Gasthof im sächsischen Etzdorf südlich von Roßwein ist hier nur ein Beispiel.

Abriss zugunsten von Freiflächen: Alter Gasthof

Hinterlässt eine große Lücke im Ortsbild: Der im Jahr 2014 abgerissene Gasthof in Etzdorf mit seinem langgestreckten Ballsaal

Denkmalschutz kein Garant für Abriss-Schutz

Zwar ist der Abriss eines denkmalgeschützten Hauses nicht ohne Weiteres möglich, das Oberverwaltungsgericht hat sich hier jedoch in der Vergangenheit durchaus auf die Seite klagender Eigentümer gestellt, die aufgrund wirtschaftlicher Unzumutbarkeit eine Abrißgenehmigung eingeklagt hatten. Der Gasthof in Kreischa steht ebenfalls unter Denkmalschutz und im Ort sahen einige Bürger das historische Haus bereits vom Abriss bedroht, denn 2010 drohte das Dach über dem riesigen, zweistöckigen Tanzsaal einzustürzen. Soweit kam es nicht. Das Unternehmen aus Dohna erwarb den Gebäudekomplex im Jahr 2012 für einen Kaufpreis von 56.000 EUR und begann umgehend mit der Sicherung der Bausubstanz.
Gasthof Kreischa 2012

Gasthof Kreischa: Straßenfassade 2012

Tanzsaal Gasthof Kreischa

Der üppige Tanzsaal im Jahr 2012, heute in mehrere Wohnräume aufgeteilt

Alt und Neu: Kampf für die Baugenehmigung

Fünf lange Jahre dauerte die bürokratische Überwindung für den Erhalt einer Baugenehmigung zum Ausbau eines Wohn- und Geschäftshauses. Dabei war es den Investoren wichtig, möglichst viel der alten Bausubstanz zu erhalten und gleichzeitig dem aktuellen Wohntrend Alt und Neu gerecht zu werden. Zu ihrer Überraschung konnten entgegen ersten Einschätzungen viele historische Elemente erhalten oder aufgearbeitet werden, darunter die großen Fenster im Saal, historische Türen, Handläufe, Ornamentbänder und der Fassadenschmuck. Als Krönung wurde sogar die zu DDR-Zeiten abgerissene Turmhaube wieder aufgesetzt.

Gefragt: Modernes Wohnen in historischen Häusern und zentraler Lage

Dass ihr Konzept der richtige Weg war, belegt die große Nachfrage nach den individuellen Wohnungen im Erbgericht. Nach dreijähriger Bauphase war die Sanierung 2020 fertiggestellt und kurz danach waren die ersten Wohnungen schon vergeben, ohne dass sie auf Immobilienportalen platziert werden mussten. Ein weiterer Grund für den Ansturm ist die zentrale Lage, die nach wie vor für einen Großteil der Mieter ein wichtiges Kriterium darstellt: Wenn sie von der Stadt auf das Land ziehen, wollen sie die wichtigsten Einrichtungen fußläufig oder mit dem Fahrrad erreichen.

Tanzsaal - Wohnung

Einst zierte das Ornament den Bühnenbereich im Tanzsaal. Heute darf sich ein Mieter über ein persönliches König-Albert-Denkmal freuen. Foto: ©Daniel Schäfer

In Bezug auf historische Gasthöfe dürfte dieses Investment ein Ausnahmebeispiel in Sachsen bleiben, denn: viele solcher Bauten, die zumindest in Ansätzen noch ihre prachtvolle Ausstrahlung bewahrt haben, gibt es nicht mehr. Daher sind die Investoren einmal mehr stolz, ein Stück sächsische Geschichte bewahrt zu haben.

Was denkt Ihr über diese Denkmal-Sanierung?

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