Kastilien-La Mancha: Spaniens stilles Herz
Wer Spanien bereist, denkt oft zuerst an Inseln, Tapasbars und Touristenströme. Doch abseits der überlaufenen Urlaubsregionen liegt eine Landschaft, die sich nie laut aufdrängt – und gerade deshalb berührt. Kastilien-La Mancha war einst das Herzland der spanischen Krone und ist heute vor allem durch Miguel de Cervantes’ Roman „Don Quijote de la Mancha“ bekannt, in dem die weite, trockene Ebene mit Windmühlen, Burgen und Dörfern zur Kulisse eines der berühmtesten Ritterromane der Welt wird. Und tatsächlich: Das stille Zentrum Spaniens ist rau, ehrlich und voller Geschichte.
Während internationale Käufer oft die bekannten Küstenregionen ansteuern, bleibt Kastilien-La Mancha bislang ein Geheimtipp. Für Kulturliebhaber, Kenner historischer Architektur und Kaufinteressenten lohnt sich das Erkunden der abseits gelegenen Pfade unbedingt. Je weiter man sich auf Entdeckungsreise begibt, umso mehr erstaunt es, wie viele spanische Herrschaftshäuser die Jahrhunderte überraschend gut überdauert haben.
Kastilien ist nicht Mallorca - und gerade das macht die Region doppelt interessant
Doch nicht nur die Gebäude selbst locken nach Kastilien, sondern auch günstige Rahmenbedingungen. Zum einen sind ausländische Käufer hier grundsätzlich willkommen, zum anderen bieten die Immobilienpreise immer wieder angenehme Überraschungen – gelegentlich sogar echte Gelegenheiten. Wohl kaum anderswo in Spanien finden sich noch so viele architektonische Schätze mit historischem Wert.
Natürlich sind bei vielen Häusern Maßnahmen zur Modernisierung oder Restaurierung einzuplanen. Wer darüber hinaus plant, eine solche Immobilie touristisch oder gewerblich zu nutzen, sollte über entsprechende Ressourcen verfügen. Doch bewohnbare Häuser mit solider Bausubstanz und historischer Relevanz sind in Kastilien-La Mancha nach wie vor auch im mittleren fünfstelligen oder niedrigen sechsstelligen Bereich zu finden.
Chinchilla: Architektonische Größe in kleinen Gassen
Unweit der Provinzhauptstadt Albacete erhebt sich auf einem Hügel die historische Kleinstadt Chinchilla de Monte-Aragón. Einst bedeutender als Albacete selbst, bewahrt der Ort bis heute ein architektonisch reizvolles Stadtbild, geprägt von der markanten Festung Castillo de Chinchilla de Montearagón.
Ein Spaziergang durch die gepflasterten Gassen offenbart zahlreiche herrschaftliche Gebäude. Die sogenannten casas solariegas lassen sich mit italienischen Palazzi vergleichen – städtische Residenzen, die vom sozialen Aufstieg und der Bedeutung lokaler Adelsfamilien im 18. und 19. Jahrhundert zeugen
Nur wenige Schritte vom Zentrum der Altstadt, dem Plaza de la Mancha, führt der Weg südwärts in die Calle Virgen de las Nieves. Gleich die erste schmale Gasse rechts wirkt unscheinbar, fast so, als könne man sie übersehen. Doch wer den Blick hebt, erkennt unweigerlich das verzierte Portal und eine auffällige Lichtkuppel.

Ein Haus mit Kuppel: Der "Palacio de la Cúpula"
Die namensgebende Kuppel verleiht dem Palacio de la Cúpula seinen besonderen Charakter. Versteckt liegt das Gebäude in einer dieser engen Gassen und hebt sich gerade durch dieses architektonische Merkmal deutlich von den übrigen Herrschaftshäusern in Chinchilla ab. Hinter der unscheinbaren Fassade fällt Licht in die große Halle, von der aus sich ein weitläufiges Stadthaus mit Innenhof und Dachterrassen erschließt.

Im Obergeschoss entfaltet sich der Charme der historischen Räume: Vertäfelte Salons mit Motivmalereien und original erhaltenes Interieur wie feines Porzellan, Spitzenkleider und Mobiliar im Stil Isabel II. vermitteln ein lebendiges Bild der Wohnkultur des spanischen Adels im 18. und 19. Jahrhundert – auch wenn das Haus später in bürgerlichen Besitz überging.
Errichtet wurde das Gebäude um 1770 von Generalfeldmarschall Jerónimo Moreno Frías, weshalb es offiziell den Namen "Casa solariega de los Moreno" trägt. Später bewohnte es sein Enkel, der 1872 auf königliche Ernennung hin Senator wurde. Danach diente es einem bekannten Arzt als Wohnhaus und Praxis – daraus erklärt sich auch die heute noch vorhandene Sammlung medizinischer Geräte. Die Geschichte des Hauses lässt sich durch die Räume und Objekte bis heute nachvollziehen.
Ursprünglich umfasste der "Palacio de la Cúpula" weitere Gebäudeteile, die jedoch später abgetrennt wurden und die Immobilie aus heutiger Sicht beherrschbarer machen – bei immer noch stattlichen 18 Zimmern und einer Gesamtfläche von 600 Quadratmetern.
Eine Besonderheit des nun zum Verkauf stehenden Stadtpalais ist nicht nur der mehr als attraktive Kaufpreis von 239.000 EUR, sondern auch eine modernisierte Wohneinheit mit Dachterrasse und Ausblick.

Wohnhaus, Geheimes Museum, Filmset
Die besondere Aura des Palastes hat ihm über Chinchillas Grenzen hinaus den Ruf eines "Geheimen Museums" eingebracht. Das Interesse ist groß, weshalb die Eigentümerin zeitweise Besichtigungen anbietet. Besucher können dabei die alten Kellergewölbe, den Lichthof und das Obergeschoss erkunden. Zudem steht der Palast für ausgewählte Veranstaltungen offen.
Die authentischen Räume bieten Möglichkeiten, wie sie sonst nur Filmkulissenbauer schaffen – entsprechend werden sie gern für Fotoshootings genutzt und dienten kürzlich auch als Drehort für den vielfach gelobten Kurzfilm El velo del ayer („Der Schleier von gestern“) der jungen Künstlerin Andrea Torres aus Albacete.
Unabhängig von seiner Qualität als Medienkulisse berichten alle bisherigen Besucher von einem inspirierenden Ort, dessen Atmosphäre auch künftige Eigentümer erleben und schätzen werden – und der ihnen zugleich ermöglicht, das kulturelle, touristische oder private Potenzial eines stadtbildprägenden Hauses mit bezugsfertigem Wohnbereich weiterzuführen.

Fotos: Andrea Torres